Ulrike Münch Hans Münch
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1. Advent
Wie der Engel Gabriel nach Weihnachten suchte.

Angefangen hatte alles damit, daß Gabriel mit den
anderen Erzengeln in Streit geraten war. Es ging um
die Bedeutung von Weihnachten. Immer wieder versuchte
er den anderen zu erklären, was für ein Glück es für
die Menschen sei, die Geburt ihres Erlösers jedes Jahr
auf´s Neue feiern zu können. Und wie dankbar die Welt
für dieses heilige Fest ist.
"Du bist weltfremd Gabriel", sagte Raffael vorsichtig.
"Wann bist du das letzte Mal unten gewesen?"
"Zugegeben, es ist lange her", meinte Gabriel
verlegen. "Aber die Menschheit verändert sich nicht in
wenigen Jahren - oder Jahrhunderten!"
"Dann geh´ hinunter und zeig´ mir ein halbes Dutzend
Leute, die Weihnachten feiern, um des großen
Ereignisses Willen. Zeig´ sie mir und dann soll unser
kleiner Disput zu deinen Gunsten entschieden sein!"
Gabriel trat vor seinen Herrn und bat um Erlaubnis,
die himmlischen Gefilde zu verlassen.
"Herr, es geht nicht an, daß die Menschen so in
Miskredit geraten. Ich werde auch gleich wieder hier
sein. Ich will dir Nachricht bringen von vielen
glücklichen Menschen, die das Weihnachtsfest in großer
Liebe und Freude feiern."
"Laß dir ruhig Zeit", schmunzelte der Herr und
verabschiedete seinen Erzengel. So kam es also, daß
Gabriel auf die Erde kam, die sich zugegebenermaßen
seit seinem letzten Besuch sehr verändert hatte. Er
entschloß sich, einen der reicheren Kontinente
aufzusuchen und er wollte so schnell wie möglich
wieder hinauf, um den anderen zu beweisen, daß
Weihnachten eben doch noch das Fest der Freude und der
Liebe ist.

Mit diesen Vorsätzen geriet er in die Einkaufstraße
einer großen Stadt. Es war alles festlich geschmückt,
Lichterbögen glänzten über Passagen, sein Herz füllte
sich mit Freude. Er hielt einen von den Jugendlichen
an, die ganz gemütlich und scheinbar ziellos durch
eine Gasse schlenderten. Sie hatten einen kleinen Hund
dabei und machten auf Gabriel einen ausgeglichenen
Eindruck, obwohl ihre Kleidung zerrissen und ärmlich
aussah. Einigen von Ihnen standen die Haare wie bei
einem Igel vom Kopf, ein weiterer trug seine
Haarpracht rot gefärbt und aufgestellt wie ein
Gockelhahn.
"Entschuldigen Sie, junger Mann, warum feiern Sie
Weihnachten?"
Der Jugendliche schüttelte sich. Die Ketten, die er um
den Hals trug rasselten und Gabriel bemerkte mit
Erstaunen, daß er sogar in der Nase einen Ohrring
trug.
"Wie meinst du das, Opa?"
Der Erzengel lächelte. Anscheinend hatte er
Ähnlichkeit mit dem Großvater des Jungen. Ein warmes
Gefühl beschlich sein Herz.
"Nun, ich will wissen, was bedeutet dir Weihnachten,
mein Junge?"
"Nix ey!"
"Wie meinst du das - nix ey?"
Der Jugendliche trat etwas verlegen von einem Bein auf
das andere und schüttelte sich.
"Ich kann mit der ganzen Scheiße nix anfangen! Aber
wenn du Geld brauchst, Opa, ich kann dir was
rüberschieben. Hier hast ´ne Münze. Hab´vorhin fett
Kohle gemacht." Er drückte dem verdutzten Alten einen
Euro in die Hand und ging seines Weges.
"Fehlanzeige", dachte Gabriel. "Den kann ich im Himmel
nicht präsentieren, obwohl er bestimmt ein wirklich
netter Junge ist."
Gabriel ging weiter und traf auf eine Mutter mit drei
kleinen Kindern. "Die Frau muß glücklich sein", dachte
er bei sich. "Gott hat sie beschenkt mit einem
Kindersegen. Sie weiß um die Bedeutung von
Weihnachten." Laut sagte er:
"Entschuldigen Sie, liebe Frau, was bedeuted für Sie
und Ihre Kinder Weihnachten?" Die Frau ging weiter, als
hätte sie ihn nicht gehört.
"Mama, der Mann hat dich was gefragt!" rief der größere
von den Jungs und drehte sich noch einmal um.
"Halt´s Maul!" zischte die Mutter. "Und komm jetzt
endlich! Ich hab dir doch hundertmal erklärt, daß man
sich von einem Fremden nicht ansprechen lassen soll!"
"Aber Mama..." Sie packte ihren Sohn am Arm und zog ihn
mit sich fort. Gabriel blickte ihr lange hinterher. Er
konnte sich ihr Verhalten nicht erklären. Da gesellte
sich ein anderer Mann zu ihm. Alt war er, ärmlich
gekleidet und er roch nach Schnaps.
"Hat sie nichts gegeben, was?", sagte er leuteseelig,
"na komm, trink n´ Schnaps!" Gabriel lehnte dankend ab.
"Darfst nicht, was?" Der Bettler zog ihn in eine
windgeschützte Ecke. "Mir hat´s der Arzt auch verboten,
aber ein bischen Freude braucht doch der Mensch, wa?"
Gabriel war froh, daß hier einer war, der von Freude
sprach und zwar von sich aus. Vielleicht war das sein
Mann.
"Du, hör mal..." begann er.
"Ich bin der Klaus! Und du?"
"Ich bin der Gabriel. Hör zu...!"
"Gabriel, was für ein ulkiger Name, paßt gar nicht zu
dir. Kommst du von weit her?"
"Ziemlich weit!" Gabriel nahm erneut einen Anlauf seine
Frage zu stellen. "Klaus, du bist doch ein erfahrener
Mann..."
"Das kann man sagen! Ich bin seit acht Jahren
unterwegs. Schiebst du schon lange Platte?"
"Platte?!" Der Erzengel erschrak. Er fürchtete, daß die
babylonische Sprachverwirrung nunmehr auch ihn ereilt
habe.
"Bist du schon lange auf der Straße?"
"Vielleicht seit einer Stunde. Ich habe kein
ausgeprägtes Zeitgefühl."
Der Bettler griff in seine Hosentasche und zog eine
Hand voll Kleingeld heraus, das er stolz präsentierte.
"Und wieviel hast du gemacht in einer Stunde?" Er
entdeckte den Euro, den Gabriel in den Händen hielt.
"Das habe ich mir gedacht, du bist noch ein Küken.
Macht nichts, ich werde es dir schon lernen. Du
brauchst nen Hut - und eine Zeitung zum d´raufsitzen."
"Hör zu Klaus: Was bedeutet Weihnachten für dich?"
Gabriel faßte den Penner am Arm und schüttelte ihn.
"Weihnachten, was das bedeutet - ja, das ist eine gute
Frage. Das heißt, die Leute sind spendabel. Die
Taschen sind voll. Wir Berber treffen uns an Heilig
Abend erst bei der Bahnhofsmission zum Mittagessen.
Danach feiern wir bei einem Freund. Der hat eine
Bretterbude in den Kleingärten. Ein schönes Fest, das
kann ich dir sagen. Willst’ mitkommen? Solltest aber
noch was einbringen..."
Gabriel bedankte sich und legte seinen Euro in den Hut
des Alten.
"Danke, Bruder. Ich muß jetzt gehen, aber du hast mir
schon weitergeholfen." Beschwingt ging der Erzengel
die Fußgängerzone entlang in Richtung Weihnachtsmarkt.
Er hatte einen gefunden, vielleicht nicht gerade sein
Wunschkandidat, aber doch einer, der sich auf
Weihnachten freute.

Gabriel staunte über den Rummel auf dem
Weihnachtsmarkt. Es war alles hell erleuchtet und roch
wunderbar nach Zimt, Gewürznelken und Räuchermännern.
Er reihte sich in den Strom von Menschen ein und ließ
sich durch die engen Gassen schieben, die alle
weihnachtlich benannt waren: Christkindlesgasse,
Engelsgasse, Nikolausgasse. Sogar eine Josef und
Mariapassage gab es. Gabriel staunte nicht schlecht
über die himmlischen Wege. Erfreut bog er in die
Erzengelgasse ein. Links und rechts von ihm wurden die
schönsten Holzschnitzfiguren aus dem Erzgebirge
verkauft: die heilige Familie, Ochs und Esel, ganze
Schafherden mit Schäfer und die versammelten
himmlischen Heerscharen.
"Entschuldigen sie!" sagte Gabriel zu einer
Verkäuferin und deutete auf einen besonders großen
Engel, der andächtig in die Luft blickte. "Wer ist
das?"
"Das ist ein Erzengel!"
"Können Sie mir sagen welcher?" Erstaunt schaute die
Verkäuferin in die Augen des alten Mannes.
"Das ist der Erzengel Gabriel. Das sieht man doch."
"Woran sieht man das?"
"Na am Gesicht, woran sonst!"
"Natürlich, woran sonst?" Gabriel blickte schmunzelnd
in das kindliche Gesicht des himmlischen Wesens, das
unbedarft zur Decke der Bude starrte.
"Können Sie mir zeigen, welcher von diesen Engeln
Rafael ist?" Sie deutete unwirsch auf einen schönen
Engel, der die Arme ausgestreckt hielt. Auch er sah
aus, als wäre er kaum fünfzehn Jahre alt. Schlimmer
noch waren die Gesichter von Michael und Uriel
anzuschauen. Sie hatten fast etwas infantiles. Keiner
der Engel hatte Runzeln, die heilige Familie sah aus,
als wäre sie eben in die Pubertät eingetreten. Das
Alter war wohl gleichbedeutend mit sterben und schien
deshalb etwas unmoralisches an sich zu haben.
"Entschuldigen Sie", sagte er zur Verkäuferin. "Sie
haben den ganzen Tag mit Engeln und mit Krippenfiguren
zu tun. Sie freuen sich sicher sehr auf Weihnachten."
"Das kann man wohl sagen!" Die Verkäuferin stöhnte.
"Dann hat der ganze Rummel ein Ende. Und ich habe
endlich meine Ruhe. Ich bin sowieso schon fix und
fertig. Ich stehe mir hier den ganzen Tag die Füße in
den Bauch." Gabriel ging weiter, das heißt, er wurde
weiter geschoben.
"Sie will ihre Ruhe, weiter nichts", dachte er traurig
und strich sie von der Liste. Überhaupt kam es ihm so
vor, als hätte die Vorbereitung auf Weihnachten in
diesem Land nichts mit Freude zu tun, sondern ganz im
Gegenteil mit Hektik und Aggression. Das stimmte ihn
nachdenklich. Am Ende des Weihnachtsmarktes, in einer
Seitengasse traf er noch auf eine Maroniverkäuferin,
die an ihrem völlig verwaisten Stand auf Kundschaft
wartete.
"Grüss Gott", sagte Gabriel und lächelte sie an. Sie
lächelte nicht zurück. Sie schien wütend zu sein.
"Was bedeutet für Sie Weihnachten?"
"Weihnachten? Dumme Frage! Sie sehen ja selbst, ich
mache kein Geschäft. Also bedeutet Weihnachten heuer
nichts Gutes für mich. Ausgaben, nichts als Ausgaben!"
"Aber es ist doch nicht möglich, daß man das heilige
Fest am Geschäft mißt! Oder an verkauften Kastanien!"
Wohin Gabriel blickte, es war überall das gleiche:
Depression, wo Freude sein müsste. Freude nur da, wo
viele Geschenke erwartet wurden oder das Geschäft
besonders gut lief.

Auf der anderen Seite: Angst vor der Langeweile über
die Feiertage, oder die Angst, mit den Geschenken
daneben zu liegen. Die Angst der Hausfrauen vor der
vielen Arbeit, die Angst der jungen Leute singen zu
müssen, die Angst der Alten, daß kein Besuch kommt,
oder es womöglich das letzte Weihnachten für sie sein
könnte. Die Angst der Händler weniger Umsatz zu machen
als im Vorjahr und die ungewisse Angst der Kinder, daß
der Schulfreund womöglich mehr Geschenke bekommt, oder
das Christkind den Wunschzettel verloren haben könnte.

Im Himmel wurde Gabriel bereits erwartet. Er ließ sich
Zeit mit der Heimreise, streifte noch durch die armen
Kontinente und erlebte dort Wut auf die Reichen und
Enttäuschung über das eigene Schicksal. Und immer
wieder die Angst, daß man irgendwie im Leben zu kurz
gekommen sein könnte, wo doch das Leben an sich viel
zu kurz ist. Nicht einmal vor Vertretern der Kirche
machte der Neid und die Mißgunst halt. Sogar die
Offiziere des Herrn litten unter einer
unbeschreiblichen Zukunftsangst, kannten das Gefühl
von Frieden und Zufriedenheit nur noch vom Hörensagen.
Es war, als hätte sich der Todesengel wie ein
schwarzes Tuch über die Menschheit gelegt.

Gabriel trat mit gesenktem Blick vor den Herrn.
"Du hast kein Glück gehabt...?" fragte der
Allmächtige.
"Herr, es ist unbeschreiblich. Es ist viel schlimmer
als die babylonische Sprachverwirrung. Schlimmer noch
als die Sintflut. Den Menschen ist der Frieden
verloren gegangen. Sie orientieren sich nur an den
anderen. Weihnachten wird ihnen aufgezwungen, genauso
wie Ostern und die anderen Feste. Es macht sie
traurig. Herr, wir müssen Weihnachten streichen. Wir
müssen es aus ihrem Gedächtnis löschen, ein Fest der
Freude, das die Menschen in Wirklichkeit traurig macht
muß abgeschafft werden!"

"Weißt du, was das bedeuten würde?" fragte der
Höchste. "Wir müssten die Christgeburt aus der Zeit
nehmen. Ebenso die Kreuzigung, die Auferstehung und
die anderen Feiertage. Ein Leben ohne Höhepunkte, ohne
Feste, ein Leben nur zwischen Geburt und Tod - ist es
das, was du den Menschen wünschst?"

Die Erzengel zogen sich zur Beratung zurück: Uriel,der
Engel von Geburt und Tod, Michael, der Kämpfer,
Rafael, der heilende Engel und Gabriel, der Engel des
Gespräches.
"Herr, wir sehen keine andere Chance", sagte Gabriel
nach einer kleinen Ewigkeit. Wir müssen die Menschen
von allen Feiertagen befreien. Wir müssen sie auf das
zurückführen, was sie wirklich sind: Wesen zwischen
Zeit und Ewigkeit, zwischen Geburt und Tod!" Der Herr
überlegte lange. Dann nickte er und nahm über Nacht
alle kirchlichen Feste und Feiertage aus dem
Bewußtsein der Menschen.

Simons Wangen glühten. Er war sehr aufgeregt. Er
schien mit der Geschichte nicht recht zufrieden zu
sein.
"Warum ist der Gabriel nicht zu mir gekommen und hat
mich gefragt. Ich freue mich doch so auf Weihnachten.
Oder warum hat er den Menschen nicht gesagt, daß sie
sich freuen sollen. Vielleicht hätte er ihnen das nur
sagen müssen!"
"Das ist keine gute Idee", warf ich ein. "Erstens tun
die Leute nicht, was ihnen irgendein hergelaufener
alter Mann sagt. Und wenn er ihnen erzählt hätte, daß
er ein Engel ist, dann hätten sie ihn wahrscheinlich
für verrückt gehalten, meinst du nicht? Die Menschen
glauben doch nur noch an das, was sie sehen."
"Ich glaube an Engel!"
"Du bist ja auch noch ein Kind. Kinder haben es
leichter in dieser Hinsicht." Ich mußte lächeln, weil
doch auch Tante Esther bis ins hohe Alter an Engel
geglaubt hatte und sie war glücklich gewesen.

"Aber wie geht die Geschichte weiter? Erzähl mir bitte
weiter!"
Ich überlegte lange, wollte noch schnell die Küche
sauber machen und ein paar Plätzchen backen. Dann, als
es schon langsam dunkel wurde, da entstand der zweite
Teil der Geschichte:

So kam es also, daß den Menschen über Nacht der Sinn
aller christlichen Feiertage verloren gegangen war.
Der Sonntag war zwar auch weiterhin noch arbeitsfrei,
aber keiner wußte mehr etwas mit diesem Tag
anzufangen. Ganz im Gegenteil, es gab mehr
Streitigkeiten in den Familien als an anderen Tagen.
Auch der fünfundzwanzigste und sechsundzwanzigste
Dezember galten als Feiertage, wie einige andere
Termine im Jahr, aber keiner wußte mehr, warum
eigentlich. Alles Andere blieb wie es war.
Schokoladenlebkuchen und Nikoläuse wurden traditionell
Ende September in das Warensortiment aufgenommen, ab
Mitte November stürzten die Menschen in die Läden um
Geschenke einzukaufen. Nur hatten sie vergessen warum.
Das Weihnachtsfest verlief trostlos. An Heilig Abend
wurde der Weihnachtsbaum aufgestellt und kritisch
begutachtet. Sollte man ihn dieses Jahr lieber pink
oder in lila schmücken? Künstlicher Schnee und eine
blinkende bunte Lichterkette? Oder ein Plastikbaum,
wegen den lästigen Tannennadeln?

Über diesen Streit wurde es Abend. Dann das viele
Essen, es konnte einem fast schlecht werden. Die
Geschenke aufzumachen wurde zur Qual. Wieder eine gelb-
grün gestreifte Seidenkrawatte. Wohin mit der
geschmacklosen chinesischen Bodenvase? Creolen vom
Kaffeeröster, für 24.80 EURO, eine Unverschämtheit! Wo
doch das eigene Geschenk die hunderter Marke weit
überschritten hatte.
Die Irritation und die Unzufriedenheit unter den
Menschen war ohnegleichen. So kam es, daß der
himmlische Rat wieder zusammentrat, um über die
Zukunft der Menschen und der kirchlichen Feste
nachzudenken.
"Herr", sagte Gabriel kläglich. "Es ist etwas
eingetreten, was nicht abzusehen war. Die Menschen
sind noch unzufriedener als früher. Sie lassen sich
die heiligen Feste nicht nehmen. Sie feiern weiter,
aber nun wissen sie überhaupt nicht mehr warum. Sie
zerfleischen sich wegen Äußerlichkeiten und
Oberflächlichkeiten."
"Daß sie sich die Feste nicht nehmen lassen liegt an
ihren Genen", meldete sich Uriel zu Wort. "Sie tragen
die Erbanlagen der Großeltern, der Urgroßeltern und
aller anderen Vorfahren in sich. Es würde viele
Generationen und Jahrhunderte dauern, um diese
Informationen zu löschen. Auch dann ist noch nicht
gewährleistet, daß sich nicht immer wieder einige um
die Weihnachtszeit vage daran erinnern, daß da etwas
gewesen sein muß!"

"Was schlagt ihr vor?" Der Herr lehnte sich zurück und
blickte aufmerksam aber doch ruhig in die Runde.
Michael, der Kämpfer stand auf. "Wir müssen diesem
Zustand mit Gewalt begegnen! Bei den Menschen hilft
nur eines: Furcht! Furcht vor Bestrafungen. Wir werden
sie zwingen, das Friedensfest zu feiern, so wie es
gedacht ist - oder aber es ganz zu lassen."
"Das halte ich für eine schlechte Idee!" Gabriel erhob
sich. Seine runzligen Wangen glühten. "Wie können
Menschen unter Zwang ein Fest des Friedens feiern.
Feiern kann man nur, wenn man glücklich ist. Und
glücklichsein hat mit Freiheit zu tun. Ich gebe zu,
die Idee ihnen die Feste wegzunehmen war nicht gut.
Vielleicht hätte man sie überzeugen sollen von der
Wichtigkeit ihres Tuns und ihrer Gedanken. Wir hätten
Ihnen sagen sollen, daß auch die himmlischen Wonnen
drastisch nachlassen, wenn das irdische Glück fehlt,
weil doch Diesseits und Jenseits eine Einheit ist..."
Raphael hatte lange geschwiegen. Plötzlich stand er
auf.
"Ich will es versuchen! Laßt mich auf die Erde gehen.
Ich werde die Kranken und Schwachen besuchen. Ich
werde ihnen Mut machen und wenn möglich Heilung
bringen. Und ich werde ihnen von der Geburt unseres
Heilands erzählen..."



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